Mittwoch, 18. März 2015

Manila - Megastadt voller Gegensätze

Als Abschluss unseres Aufenthalts auf den Philippinen wollten wir es uns nicht nehmen lassen, auch die Hauptstadt Manila zu erkunden. Bisher hatten wir diese Megastadt soweit wie möglich gemieden. Eine 12-Millionen-Stadt ohne richtiges Verkehrskonzept ist einfach abschreckend. Doch während unserer Entdeckungstour haben wir neben den (doch eher enttäuschenden) Hauptattraktionen der Stadt auch ein paar Ecken gefunden, die zum Verweilen einladen. Beispielsweise das Geschäftsviertel Makati, wo gläserne Wolkenkratzer an palmengesäumten Boulvards stehen und die Schönen und Reichen des Landes in einem der vielen Einkaufstempel eine Latte Macchiato schlürfen und abgeschottet vom Rest der Stadt in ihrer Blase leben.


Mit "Manila" ist meistens der Grossraum "Metro Manila" gemeint, der neben Manila aus 16 weiteren Städten besteht. Die Stadt Manila selbst ist die dichtbevölkertste Stadt der Welt und auch die anderen Städte belegen Spitzenplätze bei der Bevölkerungsdichte. Die städtische Infrastruktur hinkt dem rasanten Bevölkerungswachstum der letzten Jahrzehnte aber stark hinterher. So gibt es viel zu wenig Bahnlinien und der Grossteil des öffentlichen Verkehrs wird von Bussen, Jeepneys und Taxis bewältigt, was selbst die vielen mehrspurigen Schnellstrassen chronisch verstopft.

Wir haben schnell festgestellt, dass Makati nur eine kleine Oase im Grossstadtdschungel ist und einem auch das grosse Gefälle zwischen Arm und Reich vor Augen führt. Während am Stadtrand viele Leute ohne Strom und Wasser in einem Wellblechhäuschen leben, reihen sich hier die Wolkenkratzer der internationalen Firmen und Banken aneinander. Und zugegeben - wir haben die Annehmlichkeiten der schönen Parks und Restaurants auch genossen.

Die Ayala-Triangle-Gärten luden zum Verweilen ein.

Ganz in der Nähe gönnten wir uns auch eine Sushi-Platte - ein Genuss.


Unweit der philippinischen Börse befindet sich die Ninoy-Aquino-Statue. Benigno "Ninoy" Aquino jun. war Oppositionsführer während der umstrittenen Amtszeit von Präsident Ferdinand Marcos. Aquino wurde 1983 am Flughafen von Manila ermordet und deshalb zum Märtyrer der Massenbewegung gegen das Marcos-Regime. Seine Witwe, Corazon Aquino, wurde nach der Flucht von Marcos nach Hawaii im Jahr 1986 die neue Präsidentin der Philippinen.


Der Stadtteil Malate bei Nacht.

Wir nächtigten in einem kleinen Hostel am Rande von Makati und sind am zweiten Tag mit dem Taxi ins etwa 8km entfernte historische Stadtzentrum "Intramuros" (Intramuros = Stadtteil innerhalb der alten Stadtmauer) gefahren. Auch mit vielen Tricks unseres Taxifahrers dauerte die Fahrt rund 90 Minuten - wohlgemerkt nicht während der Stosszeit.

Unser erster Stopp war der Rizal-Park, der ausserhalb der ursprünglichen Stadtmauern liegt. Das Rizal-Denkmal würdigt den Unabhängigkeitskämpfer Dr. José Rizal, der 1896 von den spanischen Kolonialherren öffentlich hingerichtet wurde und bis heute die Symbolfigur der philippinischen Nation ist. So ist er unter anderem auf jedem Autokennzeichen abgebildet und in jedem Dorf ist mindestens eine Strasse zu finden, die seinen Namen trägt.

An dieser Stelle vielleicht ein sehr kurzer Abriss der philippinischen Geschichte: Der Einfachheit halber erst ab der "Entdeckung" der Philippinen 1521 durch Ferdinand Magellan, der die Inselgruppe für das spanische Königreich in Besitz nahm. Bis zur Ankunft der Spanier bildeten die philippinischen Inseln keinen staatlichen Verbund, es gab viele verschiedene eigenständige Gemeinden, welche sich betreffend Sprache, Religion und Herkunft je nach Insel stark unterschieden. Erst die Spanier brachten die verschiedenen Inseln unter eine Flagge und benannten sie nach dem damaligen spanischen Thronfolger Felipe "Las Islas Filipinas". Ein Vermächtnis der Kolonialherren ist auch der aufgezwungene Katholizismus, der heute immer noch vom Grossteil der Bevölkerung ausgiebig praktiziert wird. Wir haben zum Beispiel Jugendliche im McDonalds beobachtet, die vor dem Essen ein Tischgebet sprachen. Unter den Spaniern wurde die Stadt Manila schnell zu einer der wichtigsten und schönsten Handelsstädte Südostasiens - auch das Paris Asiens genannt.

Nach der Niederlage der Spanier im Spanisch-Amerikanischen-Krieg im Jahr 1898 verkauften die Spanier die Philippinen, Guam und Puerto Rico für US$ 20 Mio. an die USA. Die USA haben im Gegensatz zu den Spaniern, die für Filipinos keine Schulbildung vorsahen, stark in das Bildungssystem investiert und innert 35 Jahren konnte die Hälfte der Filipinos lesen und schreiben. Bis heute sind die Philippinen sehr amerikanisch geprägt, Englisch ist neben Tagalog (Sprache der Hauptinsel Luzon, auch "Filipino" genannte) die zweite offizielle Sprache. Es gibt auf den Philippinen jedoch über 171 verschiedene Sprachen, wovon 13 von mehr als 1 Mio. Sprechern als Muttersprache verwendet werden. Die Schweiz ist da mit vier Landessprachen geradezu ein Nobody. Im Verlauf der Reise haben wir beeindruckt festgestellt, dass die meisten Filipinos neben ihrer Muttersprache auch Tagalog und Englisch sprechen.

Im Jahr 1942 haben die Japaner haben die Philippinen besetzt und 1945 wurde Manila in einer Schlacht zwischen den USA und Japan dem Erdboden gleichgemacht, so dass alle Gebäude und Stadtteile, die Manila zur einen der schönsten Städte Asiens machten, zerstört wurden. Die Stadt gehörte zusammen mit Hamburg, Warschau und Hiroshima zu den am stärksten zerstörten Städte im Zweiten Weltkrieg. 1946 wurden die Philippinen von den USA in die Unabhängigkeit entlassen.  

Das Rizal-Denkmal, immer brav bewacht.
Natürlich darf hier die philippinische Flagge nicht fehlen.

Der riesige Park mit mehrheitlich verdorrten Rasenflächen und nicht-funktionierenden Brunnen konnte uns in der Mittagshitze nicht lange halten und wir machten uns auf den Weg nach Intramuros.

Eines der Stadttore von Intramuros.
Blick auf die äussere Stadtmauer.

Kaum hatten wir die Stadtmauer passiert, kam die Ernüchterung. Anstatt schönen Strassenzügen mit schönen, alten Gebäuden, einladenden Cafés und schicken Läden (was wir mit einer Altstadt normalerweise in Verbindung bringen), fanden wir ein eher heruntergekommenes Quartier ohne jegliches Flair vor. Uns wurde klar, dass nach dem Zweiten Weltkrieg schlichtweg das Geld fehlte, auch nur Teile der einst wunderschönen Altstadt wieder aufzubauen. Nachdem wir mit Mühe ein kleines Restaurant für's Mittagessen gefunden hatten, sind wir zur Kathedrale von Manila spaziert - eines der schönsten Bauwerke in Intramuros.



Die aktuelle Kathedrale ist bereits die siebte Kathedrale an dieser Stelle. Die ersten fünf wurden durch Feuer oder Erdbeben, die sechste im Zweiten Weltkrieg zerstört. Uns hat der für eine katholische Kirche ungewöhnlich nüchterne Innenraum gut gefallen.

Danach gingen wir zum Fort Santiago, das zur Verteidigung der Stadt an der Mündung des Pasig Flusses gebaut wurde. Hier befindet sich der Rizal-Schrein, wo José Rizal eingekerkert wurde. Dieses Museum zu seiner Lebensgeschichte war sehr eindrücklich.

Der Ausblick vom Fort Santiago auf das andere Ufer des Pasig Flusses. Dieses Bild ist recht repräsentativ für Manilas weniger hippen Stadtteile, wo die grosse Mehrheit der Einwohner lebt. Die Strassen sind mancherorts sehr eng und die Häuser spartanisch. Es gibt auch zahlreiche unkontrolliert gewachsene Slums, welche keine richtige Strom- und Wasserversorgung haben. Dies auch als Folge des grossen Bevölkerungswachstums auf den Philippinen und der anhaltenden Landflucht.


Lebten im Jahr 2000 noch rund 75 Mio. Menschen auf den Philippinen, wurde im Jahr 2014 bereits die 100-Mio.-Grenze überschritten. Einerseits sind für die philippinischen Familien Kinder die Versicherung fürs Alter, andererseits hilft der stark gelebte Katholizismus wohl auch nicht... Fakt ist, dass das grosse Bevölkerungswachstum die Programme zur Armutsbekämpfung der Regierung weitgehend neutralisiert hat. So leben auch heute noch 40% der Bevölkerung von einem Tageseinkommen von unter US$ 2.

Wir waren von unserem Besuch in Intramuros und dem Rizal-Park zwar enttäuscht, uns wurde so aber auch aufgezeigt, mit welchen immensen Herausforderungen die Filipinos zu kämpfen hatten und immer noch haben.


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